29. Jun 2020
Schürmatt Erfolgsgeschichten

Eine Chance für Neues

Die letzten Monate waren für die Heilpädagogische Schule Zetzwil eine Herausforderung. Nun ist es Zeit zurückzuschauen, Erfahrungsberichte zu teilen und ein Fazit zu ziehen.

Die Corona-Zeit war für alle anspruchsvoll, aber zugleich auch eine Chance für Neues. 

Die Schülerinnen und Schüler der HPS Zetzwil bekamen Wochenpläne, Aufgaben und vielerlei Lern- & Beschäftigungsmöglichkeiten für zu Hause. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HPS Zetzwil war das eine Herausforderung, denn über eine so lange Zeit die Schüler nicht zu sehen, war sehr ungewöhnlich. Es entstanden viele kreative und neue Ideen und auch im Schulzimmer wurde die Zeit genutzt, um aufzuräumen und um Material vorzubereiten. So wurden zum Beispiel 800  Laminierfolien während der schulfreien Zeit verarbeitet. Daraus entstanden UK Bilder, Arbeitsblätter, TEACCH Aufgaben und vieles mehr.

Fantasie, Fantasie und noch mehr Fantasie

Aber nicht alle Schülerinnen und Schüler blieben zu Hause. Im Betreuungsangebot wurden rund 15 Schülerinnen und Schüler betreut. 

Diese verbrachten ihre Corona-Zeit in dem sie ihrer Kreativität freien Lauf liessen. Die Schüler waren voller Ideen und Tatendrang. Sie lernten mit neuen Materialien zu arbeiten und hatten eine blühende Fantasie. So entstanden beispielsweise eine farbige PlayMais Stadt und eine Hütte, welche sich perfekt für Rollenspiele eignete. 

Während meines Einsatzes am Mittagstisch des Ateliers habe ich viele Erfahrungen gesammelt und tolle Menschen kennengelernt.

Zusammen sind wir stark

Weil der "Bereich Arbeit + Wohnen" um Unterstützung dankbar war, halfen verschiedene Lehrpersonen aus. Manche nur ein paar Tage, andere auch länger. Spannende Kontakte entstanden. Die gewonnen Einblicke und Erfahrungen nehmen sie nun zurück in die heilpädagogische Schule. Der Austausch war extrem spannend und wichtig!

Erfahrungsberichte 

Aus dem Kinderwohnen

Ein Erfahrungsbericht von Nicole Gloor (Klasse 1), welche auf einer Kinderwohnung aushalf:

"Anfangs kam ich mir komisch vor da ich die meisten nicht kannte und ebenfalls nichts über den Tagesablauf der Wohnung wusste. Zudem dachte ich, dass ich keine grosse Hilfe sein werde. Ich bekam aber eine gute Einführung und konnte dann relativ selbständig arbeiten. Alles in allem war ich sehr froh über diese Erfahrung und konnte viele positive Eindrücke mitnehmen. Mich hat besonders beeindruckt das ich die Kinder auf der Wohnung viel ruhiger empfunden habe als in der Schule. Sie waren entspannter und konnten sich länger auf etwas konzentrieren als ich es von der Schule her kenne.
Ich fand es herrschte eine herzliche, lockere und humorvolle Stimmung zwischen Klienten und Betreuern obwohl es eine nicht ganz einfache Zeit ist. Die Betreuer blieben ruhig und geduldig auch in stressigen Situationen.

Ich nehme viele neue Eindrücke mit bezüglich Verhalten in Konfliktsituationen und Deeskalation, Gestaltung der Mittagssituation (Kinder machen Pause, fahren herunter) und natürlich im Umgang mit Kindern im Rollstuhl."

Vom Mittagstisch

Ein Erfahrungsbericht von Sibylle Rädisch, Klasse 1, vom Mittagstisch: 

"Anfangs machten sich Sorgen und Ängste breit... 

Wie geht es weiter, was passiert hier?
Täglich kamen neue Informationen, Verordnungen hinzu.
Jeder hat versucht, sich mit der neuen Situation auseinander zu setzen.
Was bedeutet das für mich, für meine Familie?

Nun war ich daheim...
Ein neuer Tagesplan musste her!
Irgendwann war die Wohnung gründlich geputzt, das Buch gelesen...
Im Garten begann es weiterhin zu wachsen, die Natur gab alles! Der Himmel war blau...sowas von blau!
So kamen tägliche Spaziergänge in der näheren Umgebung dazu, Zeit zum Fotografieren, Mandalas aus Naturmaterial legen...
Viel Zeit für mich selbst zu haben und diese zu nutzen, wurde mir immer bewusster, aber auch, das mir meine Enkel fehlten und die sozialen Kontakte!

Sorgen und Ängste blieben! Diese wurden aber etwas weniger durch die umfangreichen Informationen des Bundesamtes für Gesundheit und durch die Taskforce-Corona-Virus der Stiftung Schürmatt.

Daheim "auf Abruf" sein, hatte am 30.03.2020 für mich ein Ende!
Für den Mittagstisch des Ateliers wurde eine Mitarbeiterin gesucht und ich wurde angefragt.

Seit 17 Jahren bin ich an der HPS Zetzwil als Pädagogische Mitarbeiterin tätig, seit einigen Jahren in der Unterstufe.
Nun würde ich mit Erwachsenen schaffen. Etwas Aufregung vor dieser neuen Herausforderung war vorhanden.
In meinen neuen Arbeitsbereich wurde ich sehr gut von den Mitarbeitern eingeführt, konnte jederzeit auf ihre Unterstützung zählen. Im neuen "Team auf Zeit" fühlte ich mich sehr wohl.

Besonders gross war die Freude, als 2 ehemalige Schüler mich erkannten.
Vor 17 Jahren haben wir uns kennengelernt und jetzt durften wir wieder gemeinsame Zeit miteinander verbringen.
Vor dem Mittagessen konnte ich sie bei ihrer Arbeit kennenlernen, durfte für sie da sein, sie über Mittag unterstützen, mit ihnen etwas Freizeit erleben. Seit neuestem löse ich auch daheim Buchstabenrätsel.
Wir sind nun auch "per DU" untereinander, wie das halt unter Erwachsenen üblich ist. Daran hatte der ehemalige Schüler grosse Freude!

Mich hat beeindruckt, wie offen die Klienten mir begegnet sind. Ihre Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Selbständigkeit sind bewundernswert. In der Schule sind diese Werte auch schon sehr wichtig, so legen wir doch einen guten Grundstein für die weitere Entwicklung unserer Schüler.

Während meines Einsatzes am Mittagstisch des Ateliers habe ich viele Erfahrungen gesammelt und tolle Menschen kennengelernt.
Wir freuen uns auf weitere Begegnungen im Schürmattgelände, wo wir uns fröhlich per Ellenbogen begrüssen, nachfragen, wie es uns geht.

Das Gefühl, gebraucht zu werden innerhalb der Stiftung Schürmatt, in dieser besonderen Situation, in der wir uns gerade befinden, hat mir sehr gut getan. 

Meine Kolleginnen und das fröhliche Lachen unserer Schüler habe ich sehr vermisst! 
Nun bin ich froh, dass am 11. Mai 2020 die Schultüren an unserer Schule sich wieder offen sind."

Autorin: Olivia Portmann

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