01. Sep 2021

Mit den Händen sprechen

Wer an barrierefrei denkt, denkt in erster Linie an bauliche Massnahmen. Aber es bedeutet auch, sich zurechtzufinden, mit anderen Menschen zu kommunizieren und so seine Wünsche und Ängste auszudrücken. Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung brauchen dazu oftmals Hilfe. In der Stiftung Schürmatt ist die Gebärde ein wichtiges körpereigenes Kommunikationsmittel der Unterstützten Kommunikation.

Das wichtigste Mittel zur Verständigung mit anderen ist für die meisten Menschen die Lautsprache. Viele Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung können sich nicht oder nur unbefriedigend mit der Lautsprache verständigen.  

Unterstützte Kommunikation erhält in der Schürmatt immer mehr Wichtigkeit.

Die Stiftung Schürmatt geht davon aus, dass jeder Mensch ein Bedürfnis nach Kontakt und Kommunikation hat. Je nachdem, welche Kompetenzen eine Person hat, werden individuelle Massnahmen für eine bessere Verständigung und mehr Mitbestimmung und Partizipation im Alltag definiert. Durch den Einsatz von Gebärden, Objekten, grafischen Symbolen oder technischen Hilfsmitteln kann die Kommunikation intensiviert und verbessert werden. Ziel der Unterstützten Kommunikation ist es, die individuelle und multimodale Art zu kommunizieren zu fördern und diese wo nötig zu ergänzen.  

Kommunikation als Menschenrecht

(Unterstützte) Kommunikation ist ein Menschenrecht. Das «Recht auf freie Meinungsäusserung» ist in der UN-Behindertenrechtskonvention niedergeschrieben. Somit trägt Unterstützte Kommunikation im weitesten Sinne dazu bei, die Konvention umzusetzen. Unterstützte Kommunikation ist vielseitig. Die Stiftung Schürmatt verwendet verschiedenste Methoden und Hilfsmittel. Eines davon ist die Gebärde.

Mit Gebärdenfotos Brücken schlagen

Für Gehörlose ist die Gebärdensprache essenziell. Aber auch für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung sind Gebärden eine einfache Möglichkeit sich mitzuteilen. Die Gebärdenkommunikation ist ein körpereigenes Kommunikationsmittel. Dabei werden unter anderem Mimik, Gestik, Laute und Handzeichen eingesetzt. Die Vorteile liegen darin, dass Gebärden schnell, spontan und ortsunabhängig benutzt sowie auf einfache Art und Weise mit Symbolen oder technischen Hilfsmitteln ergänzt werden können. Die Gebärdenkommunikation ist der Stiftung Schürmatt zwar seit langem bekannt, nun sollen Strukturen geschaffen werden, die eine Nutzung über alle Bereiche hinweg ermöglichen. Neu verfügen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Klienten über eine persönliche (Namens-)Gebärde. Diese Massnahme ermöglicht es den Klientinnen und Klienten, sich über eine Person in ihrem Umfeld zu unterhalten. Damit eröffnet sich ein grosses Feld für Fragen und Antworten im Schul- oder Arbeitsalltag. «Mit wem bist du zum Arzt gefahren? Wer hat dich in die Therapie begleitet? Wer kocht das Mittagessen?» Die persönliche Gebärde ist ein zusätzliches Attribut zu Vor- und Nachname. Alle Mitarbeitenden und Klienten definieren eine eigene Gebärde. Diese Gebärde stellt entweder etwas Typisches der Person dar oder übersetzt den Namen (Beispiel Frau Walde wählt die Gebärde «Wald»). Meist werden Gebärden aus offiziellen Gebärdesammlungen gewählt. Der Schweizerische Gehörlosenbund SGB-FSS stellt beispielsweise ein umfangreiches interaktives Lexikon der drei Gebärdensprachen der Schweiz zur Verfügung. Aber auch neue Kreationen dürfen entstehen. Die Gebärde muss in erster Linie authentisch sein und es darf zu keinen Verwechslungen kommen. Damit die ausgesuchten Gebärden nicht in Vergessenheit geraten, werden sie nach genauen Vorgaben abfotografiert. So entstehen einheitliche Fotos vor grünem Hintergrund mit schwarzem T-Shirt, die tagtäglich im Einsatz sind und für eine bessere Kommunikation im Schürmatt-Alltag sorgen.

Autorin: Jara Scheurer, UK-Verantwortliche Wohnen Erwachsene

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